Bear Lodge/Devils Tower

von Stefan Livo, 16.01.2019.

Zusammenfassung

Im Nordosten Wyomings thront ein einsamer Fels bestehend aus sonderbaren Säulen über der umliegenden Landschaft. Traditionelle Erzählungen der Lakota, Cheyenne, Kiowa und anderen indianischen Nationen und Stämmen erinnern sich daran, wie der Berg einst gen Himmel geschoben wurde, um eine Gruppe ihrer Vorfahren zu retten. Indigene Überlieferungen beschreiben verschiedentlich, wie sich eine Gruppe von Mädchen oder Kriegern auf einen kleinen Hügel flüchtete, um einem riesigen Bären zu entkommen, und wie der Große Geist den Hügel bis zu seiner heutigen Höhe nach oben drückte. Der Bär krallte sich vergeblich die Wände des Felsturms entlang, ließ dabei jedoch seine Spuren in Form der distinkten Furchen oder Säulen im Fels zurück. Geologisch betrachtet ein Lakkolith, hat ‚Bear Lodge‘ (‚Bärenhütte'[1]) seinen Namen auf Grundlage dieser Erzählungen erhalten. Welche Ortserzählungen verbergen sich hinter Bear Lodge und wie kam der Fels zu dem Namen ‚Devils Tower‘ (‚Teufelsturm‘)?

Abbildung 1: Bear Lodge/Devils Tower. Das einsame Wahrzeichen mit seinen distinkten Felsfurchen ist für viele indianische Stämme heilig. © Stefan Livo.

Bear Lodge ist für viele indianische Nationen und Stämme ein heiliger Ort. Die Lakota nennen ihn „Mato Tipilia” (Heimat der Bären) (LaPointe, 65), die Arapahoe „Bear’s Tipi”, die Cheyenne „Na Kovehe“ (Bärenhütte), die Crow „Bear’s House”, und die Kiowa Tso-aa (Baum-Fels) (National Park Service, „First Stories“). Die traditionellen Geschichten der lokalen Stämme beschreiben den Ursprung und die spirituelle Bedeutung des abgeschiedenen Felsens. Obwohl es unter den oralen Traditionen einige Unterschiede gibt, schildern die Erzählungen über Bear Lodge in der Regel, wie ein flacher Hügel gen Himmel gedrückt wird, bis er die einsamen Höhen der heutigen Felsnadel erreicht, und wie ein Bär vergeblich versucht, die sich auftürmenden Felsen zu erklimmen und dabei mit seinen Krallen Furchen entlang der Felswand hinterlässt.

Eine der berühmtesten Überlieferungen wird von Lakota-Author James LaPointe vermittelt. In seiner Erzählung reist eine Karawane der Teton Lakota in Richtung der Black Hills (Paha Sapa) um Früchte und andere Nahrung zu ernten. Als die Karawane in dem rauen Terrain der Black Hills ankommt, finden sie auch zahlreiche Bären in den Kiefernwäldern vor. Eines Tages wandert eine Gruppe von Mädchen davon und wird von der Gruppe getrennt. Suchtrupps halten Ausschau nach den Mädchen und finden diese schließlich eingekreist von hungrigen Bären in der Ferne. Da der Suchtrupp zu weit von den Mädchen entfernt ist um ihnen zu helfen, müssen sie tatenlos zusehen, wie die Bären die Mädchen allmählich umzingeln. Plötzlich spricht eine Stimme aus dem Himmel zu den Mädchen und rät ihnen, auf einen kleinen Hügel in der Nähe zu klettern. Die Mädchen tun, was die Stimme ihnen befiehlt und finden sich auf der kleinen Anhöhe zusammen.

„Die Situation schien aussichtslos, doch die Erde bebte und ächzte wie der Zorn des Donners, als der kleine Hügel, geleitet von einer seltsamen Stimme, aus dem Boden emporwuchs und die Kinder hoch in die Lüfte trug. Höher und höher wuchs der Hügel, während die Bären frustriert brummten und an dessen Seiten kratzten. Scharfe Felsstücke brachen von der sich erhebenden Felsnadel und stürzten auf die wütenden Bären herab.“ (LaPointe, 67)

Die Mädchen werden gerettet und die Bären werden unter dem herabstürzenden geschmolzenen Gestein begraben. Die himmlische Stimme, Taku Wakan (der Schöpfer), schickt farbenfrohe Vögel, die die Mädchen von der Felsspitze abholen und sie zurück zu ihren Müttern fliegen.

Erzählungen von den Arapahoe und Kiowa handeln von der Verbindung zwischen Bear Lodge und dem Sternenbild der Plejaden (National Park Service, „First Stories“). In der Version der Kiowa, die 1897 von Kiowa-Krieger I-See-Many-Camp-Fire-Places erzählt wurde, findet sich eine Gruppe von sieben Mädchen in einer ähnlichen Situation. Eingekreist von Bären springen die Mädchen auf einen nahegelegenen Felsen und bitten diesen, sich ihrer zu erbarmen.

„Der Fels erhörte sie und begann gen Himmel zu wachsen, die Mädchen immer höher und höher drückend. Als die Bären die Mädchen mit Sprüngen zu erreichen versuchten, kratzten sie am Felsen, brachen sich die Klauen und fielen zu Boden. Der Fels wuchs weiter aufwärts und die Bären sprangen weiterhin den Mädchen hinterher, bis diese den Himmel erreichten, wo sie noch heute sind – sieben kleine Sterne in einer Gruppe (die Plejaden).“ (National Park Service, „First Stories)

Die traditionellen Erzählungen der Cheyenne erinnern sich an Bear Lodge in erster Linie als den Todesort ihres Kulturhelden Sweet Medicine, der dem Stamm die vier Pfeile brachte und Urheber wichtiger Gesetze, einer Kriegergesellschaft und bürgerlichen Institutionen ist. Die Cheyenne erinnern sich zudem an eine andere Erzählung über die Entstehung von Bear Lodge. In dieser Version, erzählt von Young-Bird von der Lame Deer Reservation, campt eine Gruppe Cheyenne nahe Na Kovehe (Bear Lodge). Die Frau einer der Männer verlässt wiederholt für längere Zeit das Camp und ihr Mann schöpft Verdacht. Schließlich entdeckt der Mann Kratzspuren auf dem Rücken seiner Frau und sie gesteht, dass ein einsamer Bär von enormer Größe sie umworben hat. Sie führt ihren Mann zu dem Bären und wird, als der Bär sie kratzt, selbst in einen Bären verwandelt. Unfähig den gewaltigen Bären alleine zu töten, versammelt der Mann sechs Kriegergefährten. Doch selbst mit deren Hilfe ist der Bär zu mächtig und die Männer flehen den Großen Geist um Hilfe an.

Als Antwort auf ihre Gebete, begann der Fels aus dem Boden emporzuwachsen und hatte beim Anhalten eine beträchtliche Höhe erreicht. Der Bär sprang auf die Männer zu und beim vierten Sprung erreichten seine Klauen den Gipfel. Der Große Geist hatte den Männern geholfen und sie waren voller Mut und schossen auf den Bären und töteten ihn. Als der Bär nach hinten fiel und gegen den Felsen stieß, wölbte sich der große Fels. Danach nahm sich die Bären-Frau den großen Felsen als Haus, weshalb die Cheyenne ihn ‚Bear Lodge‘ nennen.“ (National Park Service, „First Stories“)

Andere traditionelle Überlieferungen über Bear Lodge findet man in Wooden Legs A Warrior Who Fought Custer (1931). Das von Thomas B. Marquis edierte Buch basiert auf Interviews mit dem Northern Cheyenne Wooden Leg, in denen er von seinen Erfahrungen als Krieger und den Traditionen der Cheyenne berichtet. Wooden Leg erinnert sich an einige Erzählungen, die ihm ein alter Wissenshüter der Cheyenne vermittelte. Eine dieser Erzählungen über den riesigen Bären, manchmal Mato genannt, wurde 1936 berühmterweise in einem Gemälde von Herbert A. Collins dargestellt.

Abb. 2: „Devils Tower Bear Legend“ (1936) von Herbert A. Collins. Das Gemälde wird im Besucherzentrum des Devils Tower National Monument ausgestellt. Es zeigt eine Cheyenne-Überlieferung über den Ursprung von Bear Lodge. National Park Service.

 

Namensgebung und Inbesitznahme

Als Wooden Leg sein Wissen mit Marquis teilte, betonte er auch, „Soweit, wie ich mich zurückerinnern kann, haben alle Indianer diesen Fels Bear Tepee oder Bear Lodge genannt“ (54). Das eröffnet die Frage, wie der Ort an den Namen ‚Devils Tower‘ kam. Diese Frage führt uns zurück ins späte 19. Jahrhundert, als Euro-Amerikaner erstmals von der einsamen Felsnadel Notiz nahmen. Es entfaltet sich eine Geschichte, in der Devils Tower/Bear Lodge ins Zentrum einer Debatte um die Gründung von National Monuments und der Beanspruchung eines für indianische Stämme heiligen Ortes rückt. Pelzhändler, Siedler und militärische Expeditionen reisten mindestens seit den 1850ern durch das Land der Black Hills (National Park Service, „First Explorers“). Einige von ihnen kannten die Black Hills, den Yellowstone und Bear Lodge (wie der Ort mit Hinsicht auf die indianische Namensgebung genannt und auf Karten betitelt wurde), doch die frühesten schriftlichen Erwähnungen werden auf die 1870er datiert. 1874 leitete der berüchtigte General George Armstrong Custer eine Expedition in die Black Hills und verkündete wenig später die Entdeckung von Gold in der Region. Nur ein Jahr später, leitete der United States Geological Survey (USGS) eine andere Expedition, um Custers Behauptungen zu bestätigen – dabei stießen sie auf Bear Lodge. In seiner Veröffentlichung The Black Hills (1876) erwähnt Expeditionsleiter Colonel Richard Irving Dodge, “Die Indianer nennen diesen Schaft ‘The Bad God’s Tower’ [‘Turm des bösen Gottes’], ein Name, den unsere Vermesser mit entsprechenden Anpassungen übernommen haben” (Dodge, 95). Leider verstand Dodge den von seinem indianischen Informanten angebotenen Namen falsch oder übersetzte ihn falsch, was den irreführenden Namen ‚Devil’s Tower‘ nach sich zog.

Die meisten lokalen indianischen Stämme benannten den Berg auf Grundlage ihrer Erzählungen von einem riesigen Bären. Folglich hatte der Name ‚Devil’s Tower‘ mit ihren Traditionen, in denen es keine „bösen Götter“ oder Teufel gibt, überhaupt nichts zu tun. Allerdings erlangte Dodges Namensvorschlag am Ende des 19. Jahrhunderts in der amerikanischen Öffentlichkeit große Beliebtheit und passte auch sehr gut in das Projekt der Dämonisierung indigener Religion, die der koloniale Staat ohnehin durch das Christentum ersetzen wollte. Als Wyoming 1890 endlich ein Bundestaat wurde, änderte man offiziell den ursprünglichen Namen ‚Bear Lodge‘ zu  ‚Devils Tower‘ um (National Park Service, „First Explorers“). 1906 verabschiedete der Kongress den Antiquities Act, welcher dem Präsidenten der USA die Macht verlieh, bestimmte Orte als ‚National Monuments‘ zu kennzeichnen. Noch im gleichen Jahr wies Präsident Theodore Roosevelt ‚Devils Tower‘ als das erste National Monument der USA aus. Seine Hauptmotivation hierfür lag nicht in seinem Interesse an indigener Kultur begründet, sondern bezog sich auf sein Anliegen, die Erhabenheit der amerikanischen Natur zu bewahren. Der Idee, Bear Lodge zu einem Vorzeigeobjekt der Prächtigkeit des amerikanischen Westens zu stilisieren, gingen dabei jahrzehntelange Bemühungen voraus, wie etwa durch frühe Fotografien verdeutlicht wird (z.B. von John Grabill). Die Bedeutung von Bear Lodge wurde umgeschrieben, von der eines heiligen Ortes und Schöpfungsortes zu einer geologischen Kuriosität und auffälligen Wahrzeichen. Binnen weniger Jahre hatten die USA das Gebiet um Bear Lodge vermessen, besiedelt und für sich vereinnahmt.

Abb. 3: “Devil's Tower or Bear Lodge (Mato [i.e. Mateo] Tepee of the Indians), on the Belle Fourche” (1887) von John C.H. Grabill. Das Foto zeigt den heiligen Ort als erhabenes Naturwunder, dessen Großartigkeit durch die kleine Gruppe von Menschen im Vordergrund (mit Zelt und Kutsche – den Erkennungszeichen des Tourismus) verstärkt wird.

Bear Lodge ist ein heiliger Ort in mehr als 23 indigenen Schöpfungsgeschichten (Dustin et al., 81) und weist Verbindungen mit kulturellen Praktiken wie dem Sun Dance (LaPointe, 68-70) und Visionssuchen auf. Doch als Bear Lodge in ein National Monument umgewandelt wurde, tat all dies nichts zur Sache. Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts, verbot die amerikanische Regierung viele dieser religiösen Praktiken im Rahmen der Assimilationspolitik (Cross und Brenneman, 8). Während des Großteils des 20. Jahrhunderts hatten indigene Stämme weder die politische noch rechtliche Unterstützung, um für ihre traditionellen Rechte zu kämpfen. Stattdessen mussten sie sich mit Terminations- und Umsiedlungspolitiken beschäftigen.

Bear Lodge wurde indes zu einem wahren Touristenmagneten, erlebte jedoch einen abermaligen Zuwachs an Besuchern nachdem Steven Spielbergs Film Close Encounters of the Third Kind (1977) in die Kinos kam. In dem Film ist ‚Devils Tower‘ eine Landezone für UFOs und Außerirdische: die koloniale Gesellschaft hat das Wahrzeichen so in ihre eigene geschichtenerzählende Kultur integriert – scheinbar eine Kultur der Angst, das gleiche Schicksal zu erleiden wie die indigenen Gruppen Amerikas, nur dieses Mal kommt die Invasion aus dem All. Der Film war ein großer Erfolg und inspirierte viele Touristen und Kletterer ‚Devils Tower‘ zu besuchen. Seit den 1970ern und 80er erklimmen jährlich mehr als 6.000 Kletterer den Felsen, oft mithilfe invasiver Technologien, wie Bolzen und Felshaken (Dustin et al., 81). Außerdem kamen die Kletterer hauptsächlich während der Sommermonate zu ‚Devils Tower‘, als lokale indianische Stämme traditionelle Zeremonien am Felsen durchführten. Diese widersprüchlichen und sich gegenseitig ausschließenden Wege der ‚Nutzung‘ des Ortes zogen eine Reihe rechtlicher Konflikte nach sich (z.B. Burton und Ruppert, Cross und Brenneman).

Rechtliche Auseinandersetzungen über die Bewahrung und Nutzung von Bear Lodge ergaben letztlich Lösungen, die auch indigene Perspektiven berücksichtigten. Nach der Umsetzung des Indian Religious Freedom Act (1978) und mit der Hilfe des National Park Service (NPS), brachten die lokalen Stämme ihre Haltung für einen respektvollen Umgang mit dem Wahrzeichen zum Ausdruck. Der NPS organsierte eine Arbeitsgruppe, die Vertreter der Konfliktparteien an einen Tisch brachte und veröffentlichte 1995 einen Final Climbing Management Plan (FCMP). Der Plan beabsichtigte die Nutzung felsschädigender Klettertechniken zu verbieten und „implementierte die freiwillige Schließung für das Klettern im Juni“ (Cross und Brenneman, 8), der Monat, in dem meisten zeremoniellen Praktiken am Felsen durchgeführt werden. Doch der Prozentsatz der Befolgung der Regel lag 1996 lediglich bei knapp 85% (Linge, 313), und viele Kletterer missachten das Verbot bis heute.

Darüber hinaus haben Abgeordnete der Regierung des Bundesstaates Wyoming mit aller Kraft versucht, ‚Devils Tower‘ als offiziellen Namen für das Wahrzeichen zu behalten. Sie reagierten damit auf Kritiker, die in den 1990ern die Wiederherstellung des ursprünglichen Namens ‚Bear Lodge‘ forderten. 1996, legte Barbara Cubin, eine Abgeordenete des 104. Kongresses Wyomings einen Gesetzesentwurf vor, der die Beibehaltung des Namens ‚Devils Tower‘ zusichern sollte (Burton und Ruppert, 203). Der Entwurf scheiterte. In den folgenden Jahren versuchten mehrere indigene Kläger rechtlich eine Namensänderungen zurück zu ‚Bear Lodge‘ zu erwirken. Bis jetzt war keine ihre Anfragen erfolgreich. Indes formulieren Politiker wie Liz Cheney – Mitglied von Wyomings Congressional District und Tochter des früheren US-Vizepräsidenten Dick Cheney – weiter Gesetzesvorschläge, die den Namen ‚Devils Tower‘ sicherstellen wollen und beanspruchen das Wahrzeichen gar als eine der „wunderschönsten und heiligsten geologischen Formationen des Bundesstaates“ (Buckrail, March 14, 2018). Weniger als 150 Jahre nachdem die ersten Euro-Amerikaner den Felsturm erstmals mit ihren eigenen Augen gesehen hatten, hat die westliche Gesellschaft den Ort um Bear Lodge, dessen traditionellen Namen und sogar seine Heiligkeit für sich beansprucht – doch seine Erzählungen konnte sie nicht für sich beanspruchen.

Abb. 4: Schild am Devils Tower National Monuments während eines Besuchs im Jahr 2011. Das Schild fasst die postkolumbische Entdeckungsgeschichte des Wahrzeichens zusammen, beginnt jedoch mit Verweisen auf die Erzählungen der lokalen indianischen Stämme. © Stefan Livo.

Die Erzählungen Bleiben

Ortserzählungen (‚landmark stories‘) über Bear Lodge gehören einer Kategorie an, die Dorothy Vitaliano „landform lore“ (Landform-Überlieferungen) nennt: ätiologische Erzählungen über sonderbare Formationen einer Landschaft, deren Entstehung der ersten menschlichen Präsenz in der Gegend vorausgeht (37). Bear Lodge/‚Devils Tower‘ wurde mehrfach auf äußerst verschiedene Weise der jeweils beteiligten Kulturen mit Erzählungen versehen. Der Streit um die kulturell gegensätzlichen Bedeutungen des Felsens – als heiliger Ort, als Ort des Teufels – spricht Bände bezogen auf die unterschiedlichen ideologischen Betrachtungsweisen des Landes in indigenen und kolonialen Gesellschaften. Er betont auch die Bedeutung und den Wert indigener oraler Traditionen über besondere Orte im Allgemeinen. Koloniale Praktiken wie Enteignung, Namensänderung und Inbesitznahme indigener Orte haben (und tun dies noch immer) die Kulturen der indigenen Bevölkerung und deren Verbindung zu ihren traditionellen Territorien und Glaubenssystemen bedroht. Erzählungen wie die von ‚Devils Tower‘ und Crater Lake verdeutlichen, wie für die indianische Bevölkerung heilige Orte von westlichen Akteuren wie Entdeckern, Siedlern, Kletterern, Touristen, Umweltschützern, Wissenschaftlern und Geschichtenerzählern (wie etwa Filmmacher) für sich beansprucht werden. Während viele von diesen die Heiligkeit der Orte für indianische Stämme anerkennen, verharren andere in den engen westlichen Denkstrukturen, die Orte als etwas zum Kartieren und Besitzen ansehen. Doch unabhängig von diesen Perspektiven und Ansprüchen stellen Ortserzählungen, wie die in diesem Abschnitt zitierten indigenen oralen Traditionen, eine Beziehung jenseits der Reichweite der kolonialen Fänge dar. Mit Sicherheit wurden indianische Traditionen falsch übersetzt und mitunter fehlinterpretiert, doch die eigentlichen Erzählungen, an die sich indigene Gemeinschaften erinnern, stellen eine Verbindung zum Land dar, die in ihre Tiefe, Komplexität und Alter einzigartig ist. Diese Ortserzählungen ergeben ein Wissensarchiv, das den Ursprung und die Bedeutung von Orten erklärt, Richtlinien für die Beziehung zwischen dem Land und seinen Bewohnern gibt und ökologisches Wissen über eine bestimmte Umwelt liefert. Weiterhin helfen diese Erzählungen indianischen Verbänden, ihre traditionelle Beziehung zum Land zu bewahren. Auch wenn diese Beziehungen in Zeiten des Kolonialismus wiederholt bedroht und gestört wurden, haben traditionelle Erzählungen indianischer Gruppen doch geholfen, ihre einzigartige Verbindung zum Land zu beschützen – und sie tun dies noch bis heute.

 

LITERATURNACHWEISE

[1] Alle Übersetzungen von SL.

 

ZITIERTE LITERATUR

Burton, Lloyd und David Ruppert. “Bear’s Lodge or Devils Tower: Intercultural Relations, Legal Pluralism, and the Management of Sacred Sites on Public Lands.” Cornell Journal of Law and Public Policy 8, 2 (1999). 201-247.

“Congresswoman Cheney Protects Devils Tower from Name Change.” Buckrail, March 14, 2018. buckrail.com/congresswoman-cheney-protects-devils-tower-from-name-change/. Accessed January 16, 2019.

Cross, Raymond und Elizabeth Brenneman. “Devils Tower at the Crossroads: The National Park Service and the Preservation of Native American Cultural Resources in the 21st Century.” Public Land and Resources Law Review 18 (1997). 5-45.

Dodge, Richard I. The Black Hills: A Minute Description of the Routes, Scenery, Soil, Climate, Timber, Gold, Geology, Zoology, Etc. New York: James Miller, 1876.

Dustin, Daniel L., Ingrid E. Schneider, Leo H. McAvoy, und Arthur N. Frakt. „Cross-Cultural Claims on Devils Tower National Monument: A Case Study.” Leisure Sciences 24 (2002). 79–88.

LaPointe, James. Legends of the Lakota. San Francisco: The Indian Historian Press, 1976.

Linge, George. “Ensuring the Full Freedom of Religion on Public Lands: Devils Tower and the Protection of Indian Sacred Sites.” Boston College Environmental Affairs Law Review 27, 2 (2000). 307-338.

National Park Service. “First Explorers.” Devils Tower National Monument. www.nps.gov/deto/learn/historyculture/early-exploration.htm. Zugriff 16. Januar, 2019.

National Park Service. “First Stories.” Devils Tower National Monument. www.nps.gov/deto/learn/historyculture/first-stories.htm. Zugriff 16. Januar, 2019.

Vitaliano, Dorothy B. Legends of the Earth. Their Geologic Origins. Bloomington: Indiana University Press, 1973.

Wooden Leg. A Warrior Who Fought Custer. Ed. Thomas B. Marquis. Minneapolis: The Midwest Company, 1931.

 

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Livo, Stefan. “Devils Tower.” 2011. JPEG.

Abbildung 2: Collins, Herbert A. “Devils Tower Bear Legend.” 1936. Painting. National Park Service, Centennial One Object Exhibit. Devils Tower National Monument.

Abbildung 3: Grabill, John C.H. “Devil’s Tower or Bear Lodge (Mato [i.e. Mateo] Tepee of the Indians), on the Belle Fourche.” 1887. Photograph. Source: Library of Congress [Public domain], via Wikimedia Commons. Wikimedia Foundation. Web. 24. Januar 2019. <<https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Devil%27s_Tower_or_Bear_Lodge_(Mato_(i.e._Mateo)_Tepee_of_the_Indians),_on_the_Belle_Fourche._Description_on_back_-_J.C.H._Grabill,_photographer,_Sturgis,_Dakota_Terr._LCCN99613929.jpg>>

Abbildung 4: Livo, Stefan. “Devils Tower Sign.” 2011. JPEG.