Zusammenfassung
Am 30. August 2015 verfügte Präsident Obama, dass der höchste Berg in den USA von Mount McKinley in Denali umbenannt wird. Damit beendete er einen jahrzehntelangen Boykott dieser Umbenennung durch Abgeordnete aus Ohio, dem Heimatstaat des ehemaligen US-Präsidenten William McKinley, nachdem der Berg 1896 benannt wurde. In Alaska wurde der Berg auf Ebene des Bundesstaates bereits in den 1970er Jahren wieder umbenannt, weil sich der Name auf lokaler Ebene nicht durchsetzen konnte und Vertreter indigener Gruppen zusammen mit Politikern und Aktivisten in Alaska für eine Rückkehr zum ursprünglichen Namen plädierten. Diese Koalition war letztendlich in der Lage auch den Widerstand aus Ohio zu überwinden. Die Auseinandersetzung um die Namensgebung verdeutlicht die Bedeutung von postkolonialen Diskursen rund um die Benennung von geographischen Merkmalen.
Am 30. August 2015 verfügte Präsident Obama, dass der höchste Berg in den USA von Mount McKinley in Denali umbenannt wird. Damit beendete er einen jahrzehntelangen Boykott dieser Umbenennung durch Abgeordnete aus Ohio, dem Heimatstaat des ehemaligen US-Präsidenten William McKinley, nachdem der Berg 1896 benannt wurde. In Alaska wurde der Berg auf Ebene des Bundesstaates bereits in den 1970er Jahren wieder umbenannt, weil sich der Name McKinley auf lokaler Ebene nie durchsetzen konnte und Vertreter indigener Gruppen zusammen mit Politikern und Aktivisten in Alaska für eine Rückkehr zum ursprünglichen Namen plädierten. Die Auseinandersetzung um die Namensgebung verdeutlicht die Bedeutung von postkolonialen Diskursen rund um die Benennung von geographischen Merkmalen. Im folgenden Artikel werden einige der Hintergründe der Auseinandersetzung beleuchtet und herausgearbeitet, warum gerade die Benennung von Bergen im Rahmen der (post)kolonialen Geschichte besonders wichtig war/ist.
Schwieriges Bergleben
Das Leben in den Bergen war in der Geschichte meistens mit schwierigen natürlichen Bedingungen verknüpft. Steigungen und Höhe führten zu problematischen klimatischen Bedingungen und ungünstigen Böden. Seither haben Menschen spezielle Strategien entwickelt, um unter diesen Umständen leben zu können. Sie folgten zum Beispiel jährlichen Migrationen, die sie in verschiedene Höhen führten, um die klimatischen Schwankungen auszugleichen (Almwirtschaft). Gleichzeitig antworteten sie auf Steigungen mit komplexen Techniken wie Terassenbau.
Moderne und Kolonialismus
Heutzutage wird das Bild der Berge von zwei miteinander verknüpften Diskursen beeinflusst: der Moderne und dem Kolonialismus. Beide Prozesse waren stark durch die Entwicklung der Landwirtschaft in den Ebenen von Europa beeinflusst, die neue Einflussmöglichkeiten auf die Bergregionen Europas erlaubte. Die Neudefinition der Beziehung zwischen Bergregionen und dem Flachland in dieser Entwicklung verstärkte den Eindruck Berge als Hindernis für Reisende oder als natürliche und unwirtliche Grenzen zu betrachten. Bergregionen wurden zur Antithese der Moderne und zu Räumen dies es zu erobern und zu erschließen galt. Bewohner von Bergregionen wurden zu Subjekten die reformiert oder sogar beseitigt werden mussten.[1] Diese Entwicklung benachteiligt indigene Bevölkerungsgruppen aus Bergregionen doppelt: zum einen wurden sie aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert, zum anderen wurde Ihnen vorgeworfen das moderne Potential der Berge nicht auszuschöpfen.[2]
Praktiken und Techniken
Mit den neuen Diskursen über Bergregionen kamen neue Praktiken und Techniken. Berge mussten als Teil der Wildnis mithilfe von Nationalparks und auch gegen ihre eigenen Bewohner geschützt werden. Wandern und Bergsteigen gewann an Bedeutung und ermöglichte es weißen Männern ihren Körper und die Natur herauszufordern. Interaktion mit den Einwohnern der Bergregionen spielten in diesen Praktiken vordergründig keine Rolle, waren aber oft notwendig um zum Beispiel komplexe Bergsteigunternehmen durchzuführen. Obwohl sie in den Berichten oft unerwähnt blieben, stellten indigene Gruppen oft unverzichtbare Arbeitskräfte oder Informationsquellen dar.
(Berg)namen
Eine der wahrscheinlich wichtigsten Praktiken in Verbindung mit der Moderne und der Kolonisierung stellte die Umbenennung von geographischen Merkmalen dar. Die Umbenennung war als koloniales Instrument eng mit der Aneignung von indigenem Land verbunden. Sie kappte die kulturellen Verbindungen der indigenen Bevölkerung zum Land und etablierte einen neuen vertrauten Namen für die weißen Siedler. Die Siedler wollten sich wie zu Hause fühlen und benannten die Landschaft oft nach Persönlichkeiten und Orten aus ihrer alten Heimat. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Namensgebung eine wichtige Praxis darstellte, um mit der ungerechten und gewaltsamen Eroberung von fremden Ländern zurechtzukommen. Berge als wichtige Orientierungspunkte und weit sichtbare Elemente der Landschaft waren ein primäres Ziel der Umbenennungen, oftmals durchgeführt von den ersten „Entdeckern“.
Lokaler und indigener Widerstand
Lokale und indigene Gruppen beobachten diese Entwicklungen mit Interesse und reagierten mit unterschiedlichen Strategien. Oft waren sie in der Lage die Umbenennung ihres Landes einfach zu ignorieren und verwendeten im Alltag einfach weiter die ursprünglichen Namen. Dadurch existierten indigene Namen oft über Jahrzehnte parallel mit den durch staatliche Institutionen kreierten Namen. Diese Koexistenz bildet bis heute wichtige Ansatzpunkte für indigenen Widerstand. Der Name Denali ist ein gutes Beispiel für einen solchen Ansatzpunkt und repräsentierte über die letzten Jahrzehnte einen Moment von indigener Ermächtigung.
Mount McKinley vs. Denali
Seit 1975 verlaufen Debatten über den Denali nicht entlang der klassischen politischen Allianzen (Republikaner vs. Demokraten). Vielmehr geht es meist um lokale und bundesstaatliche Zugehörigkeiten. Politiker und Aktivisten aus Alaska erreichten bereits 1975 eine Umbenennung des Mount McKinley in Denali auf der Ebene des Bundesstaats. Politische Vertreter aus Ohio, dem Heimatstaat von William McKinley, verhinderten diese Umbenennung aber auf der Bundesebene. Dieser Konflikt verdeutlicht, dass es indigenen Gruppen in Alaska erfolgreich gelungen ist ihre Ziele als bundesstaatliche Agenda zu etablieren. Die Umbenennung wurde zu einem politischen Projekt, unterstützt von Staat und den Bewohnern in Alaska. Strategien der Kooperation mit Umweltorganisation oder lokalen „grassroots“-Bewegungen bedeuten in diesem Zusammenhang eine notwendige und effektive Maßnahme, weil der Hinweis auf die koloniale Geschichte des Namens alleine oft nicht genügt um eine hinreichende Unterstützung zu generieren.
Berge stellen aufgrund ihrer relativen späten Kolonisierung ein interessantes Fallbeispiel für eine Dekolonisierung dar. Elemente indigener Kulturen und deren Widerstand sind dementsprechend oft noch sehr prominent vertreten auf lokaler Ebene. Dementsprechend ist die Präsenz dieser indigenen Namen und deren Gebrauch in den alltäglichen lokalen Praktiken das entscheidende Element für eine Dekolonisierung dieser Regionen. Diese Dekolonisierung umfasst auch das Geschichtsbild, dessen Narrative von der Namensgebung von geographischen Merkmalen beeinflusst werden. Die Präsenz von indigenen Namen stellt kolonialistische Narrative nicht nur in Frage, sondern belegt ebenfalls die Existenz von lebendigen indigenen Kulturen mit einer immer noch funktionierenden Beziehung zu ihrem Land.
LITERATURNACHWEIS
[1] Für eine Geschichte der Berge in der Moderne siehe: Mathieu, Jon. Die dritte Dimension: Eine vergleichende Geschichte der Berge in der Neuzeit. Basel: Schwabe Verlag, 2011.
[2] Diese Geschichte wird von westlichen Forschungen und einer Konzentration auf die Alpen geprägt. Die Anden stellen durch ihre Lage im tropischen Klima eine Ausnahme dar. Die Höhe führte in den Anden zu verbesserten klimatischen Bedingungen für nachhaltige und effektive Landwirtschaft und ermöglichte somit die Entstehung mehrerer Hochkulturen.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: https://en.wikipedia.org/wiki/Denali; Zugriff am 24.10.2015.
Abbildung 2: en.wikipedia.org/wiki/Denali; Zugriff am 30.03.2016.
Abbildung 3: https://en.wikipedia.org/wiki/William_McKinley; Zugriff am 28.03.2016.